GOBUGSGO – VEREIN ZUR BEFREIUNG DER NATUR –
SET NATURE FREE!
2018 schrieb die Kunsthistorikerin Fiona Liewehr aus Anlass der Erstpräsentation von GOBUGSGO in der Kunsthalle Wien: Edgar Honetschläger widmet sich in seinem neuen, international angelegten Projekt dem Versuch, kollektive Renaturalisierungsmaßnahmen in Gang zu setzen und somit Insekten ihren Lebensraum zurück zu geben…Eine transdiziplinären Initiative im Verbund mit Rechtsanwälten, Biologen, Landwirten und Real Estate Entwicklern. GOBUGSGO ist eine kollaborative Praxis die jeden Einzelnen von uns auffordert aktiv zu werden, um die Erde vor dem drohenden Kollaps zu bewahren… In seinem 800 m2 Gemüsearten nördlich von Rom, empfing Honetschläger nach jahrelanger Trockenheit eine gespenstische Stille. In den letzten 20 Jahren sind weltweit 80% der Insekten und als Folge 40% der Vogelpopulation verloren gegangen. Mangel an Regen, der Einsatz von Pestiziden und Lichtverschmutzung lassen die kleinen Tiere von der Erde verschwinden, somit natürliche Bestäubung von Blüten vermissen und den Ertrag von Gemüse und Früchten schrumpfen. Plötzlich erscheinen Schmetterlinge, Zikaden und Glühwürmchen wie Kreaturen aus der ferner Vergangenheit.
Grund genug für den Künstler anzuhalten und aus dem Erfahrungsschatz eines global denkender Vazierers lokal wie global aktiv zu werden. Im Austausch mit den italienischen Bauern begann er neue Anbaumethoden zu entwickeln und parallel zu seinem sich explosionsartig entwickelnden Garten gründete er eine Interessengemeinschaft zum Schutz der Insekten mit dem Titel GOBUGSGO. Was, wenn sich Millionen von Menschen, die sich rund um den Globus Sorgen um die Zukunft der Erde machen, zusammentun, ein Stück Land nach dem anderen kaufen und es der Natur zurückgeben? Orte an denen sich Pflanzen, Insekten, Vögel und andere Tiere ungehindert entwickeln können, Orte wo der Mensch nichts an/baut, nicht düngt, nicht eingreift, nicht zerstört. Non-Human Zones…
Edgar Honetschläger ist kein weltfremder Träumer oder gesellschaftlicher Systemaussteiger, vielmehr ein utopischer Realist, der aus seiner künstlerischen Praxis heraus eine konstruktive Utopie für die Zukunft unserer Umwelt und unsere Formen des sozialen Zusammenlebens entwickelt. Er gründete eine Non-Profit Organisation, setzte eine Website auf, vernetzte sich über soziale Medien mit Wirtschaft, Politik und Kunst. Daneben erntete er hunderte Kilos Tomaten, Zucchini und Melanzani, verkochte sie, füllte sie in Gläser und vergibt sie nun in der Kunsthalle, gemeinsam mit einem Print in Kartons verpackt an all jene „Buggies“, die bereit sind Teilhaber am GOBUGSGO! Movement zu werden. Indem gemeinsam Land erworben wird und in den kollektiven Besitz übergeht, soll sich gemeinsames Interesse an der Erhaltung unser aller Lebensgrundlage gegen das kurzsichtige Profitstreben des Einzelnen durchsetzen. Go Bugs Go!
2025 hat GOBUGSGO acht Grundstücke in Österreich und Italien in Non-Human Zones verwandelt.
In einem Interview mit Thomas Redl, Herausgeber des Kunstmagazins fair sagt EH: “Über Präsentationen in Museen und am Internet gewinnen wir Mitglieder (Buggies). Individueller Besitz kann enteignet werden z.b. um eine Strasse zu erweitern. Wenn viele gemeinsam ein Stück Land besitzen, dann kann die Politik, ob der Wählerstimmen, nur schwer daran rütteln. Es erhebt sich eine ökonomische Frage: Was passiert, wenn man ein Stück Land der menschlichen Produktivität entzieht? Aber auch: Wie wird der Wert von Natur bemessen? Muss nicht endlich Schluss sein mit der Hybris, dass wir die Krönung der Schöpfung sind? Wir müssen begreifen, dass -dem Prinzip von Deep Ecology folgend – alle Lebensformen gleichwertig sind, der kleinste Wurm dieselbe Lebensberechtigung wie ein Mensch hat.
Unsere Grundstücke sind zwischen 2000m2 und 5 Hektar. Unsere BiologInnen, EntomologInnen, ÖkologInnen und Förster haben einen Kriterienkatalog erarbeitet, welche Vegetation für die Insekten ideal wären, danach richten wir uns beim Kauf. Durch die Mitgliedsbeiträge sind wir rein privat finanziert, alle arbeiten ehrenamtlich. Die incentives die ich schaffe dienen als Incentives. Sie sind Teil des von mir gefertigte art n’ natur packages das bei Go-BugsGo Präsentationen in Kunsttempeln ausgestellt wird um Mitglieder, sogenannte Buggies zu gewinnen. Man erhält einen Kubus 10x10x10 cm, ein Multiple, das einen Leporello über das Projekt enthält, eine meiner Zeichnungen, einen Kunstdruck in Auflage, eine selbst gemachten Konservendose plus ein Beitrittszertifikat.
Das Utopische an GBG ist, dass unsere Zonen nicht mehr von Menschen betreten werden dürfen, sie werden dem menschlichen Zugriff entzogen. Das ist für viele eine Provokation und auch nach bestehenden Gesetzen nicht möglich, weil jeder cm Land eine Widmung hat. Mit Hilfe unserer Anwälte und Notare schaffen wir es trotzdem! GBG macht Politik ohne eine politische Partei zu sein. Es greift in die Gesellschaft ein. Die Moderne war ein tiefer Einschnitt in die Kunst, eine Zesur, an der wir uns bis heute abarbeiten. Längstens braucht es im 21. Jhdt. einen vergleichbaren Schritt. GOBUGSGO versucht es.
Non-Human Zone bedeutet nicht-gestalten. Normalerweise formt ein Künstler. Das Kollektiv GOBUGSGO nährt sich aus unterschiedlichen Lebensrealitäten, es gibt kaum einen Beruf der nicht bei uns vertreten wäre. Ich bin im besten Fall eine Art von Regisseur, ein Gefäß, das Ideen aufnimmt und daraus Schlussfolgerungen zieht. Zusammen beschließen wir, was der nächste Schritt sein wird. Demokratie pur. Bei diesem Kunstwerk kann ich nicht allein entscheiden, zusammen beschliessen wir wie es weitergeht. GOBUGSGO entzaubert die Idee vom Künstler als Hero, denn es ist die Community die wirkt. Und somit geht die Kunst die entsteht über das Bewusst machen oder Kritisieren hinaus, vielmehr wird sie konkret, sie dient nicht dem Markt und persönlichen Interessen, sie manifestiert sich in nicht-Materiellem, in nicht-Verkaufbarem, in einem Stück Natur, mit dem nicht spekuliert werden kann. Non-Human Zone gehören den Insekten. allen nicht-menschlichen Wesen —Menschen bewahren ihre Integrität und schützen sie.
Im Beuys’schen Sinne ist die GOBUGSGO eine soziale Skulptur und in Ready-made Kategorien gedacht erklärt ein Künstler ein Stück Land zu einer lebenden Skulptur. Allein dadurch ist es schon geschützt. Somit löst sich die Dichotomie Natur-Kultur auf, weil die Natur, die antizivilsatorisch ist, zu Kultur wird und somit schützenswert wird, denn alles was der Mensch hervorbringt will er auch schützen, die Natur, die Basis seiner Existenz zerstört er jedoch unumwunden. Unsere Non-Human Zones geniessen doppelten Schutz – als deklarierte Skulptur und den der Community.
GOBUGSGO erweitert den Begriff Demokratie, wieso soll dieser nur Menschen dienen? Es versucht den Kapitalismus mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Was wir tun dient einzig und allein der Gemeinschaft, der Community aller Lebewesen dieser Erde. Das Projekt sucht den patriarchalen Geniebegriff aufzulösen.…GOBUGSGO tritt aus den Tempeln der Kunst heraus. GOBUGSGO ist ganz bewusst so angelegt, dass es von Menschen, die mit Kunst nichts am Hut haben, verstanden werden kann.
Unserer Generation bekommt oft Vorwürfe für unseren Co2 Abdruck. Das ist nicht ganz fair, denn der reicht viele Generationen zurück. Damit sind wir bei zwei Begriffen angelangt: Der eine ist ‚Komfort‘, also Bequemlichkeit und das andere ‚Verzicht‘. Wieso muss alles immer bequem sein? Verzicht ist meiner Meinung nach nichts Saures. Es kann nichts Schlechtes sein, im Gegenteil – es ist befreiend. Man kann ein sehr einfaches Leben führen und damit glücklicher sein, als mit allen Annehmlichkeiten dieser Welt.